[Es gilt das gesprochene Wort]
Sehr geehrter Bürgermeister Dr. Wolf,
liebe Kollegen und Kolleginnen des Gemeinderats,
sehr geehrte Damen und Herren,
„alle Jahre wieder“: dieser Gedanke kam mir bei der Vorbereitung meiner Rede. Wie jedes Jahr haben wir einen langen und diskussionsreichen Weg bis zu dem heute zum Beschluss vorliegenden Haushaltsplan 2018 hinter uns. Wie jedes Jahr nimmt jede Fraktion noch einmal Stellung zum Haushalt und hebt die aus ihrer Sicht wichtigen Schwerpunkte hervor. Und ebenfalls wie jedes Jahr wieder darf ich die lange Reihe der Reden beschließen.
Auch dieses Jahr möchte ich meiner Rede wieder einen aufrichtigen Dank an Herr Gerlach und sein Team in der Kämmerei voranschicken. Vielen Dank für Ihre Mühe und vor allem Ihre Akribie bei der Zusammenstellung dieses sehr umfangreichen Zahlenwerks.
Die Haushaltslage ist auch in diesem Jahr weiter angespannt. Der Rekordhaushalt aus dem Vorjahr 2017 wird durch den diesjährigen Haushalt nochmal überboten. Vor allem die Summe der geplanten Investitionsprojekte im Vermögenshaushalt ist nochmal deutlich um mehr als 4 Mio. € auf insgesamt 20 Mio. € angestiegen. Erfreulicherweise haben sich die beiden letzten Jahre deutlich positiver entwickelt als zunächst geplant; dadurch haben wir für 2018 eine deutlich bessere Ausgangslage als noch letztes Jahr gedacht. Schon für 2017 hatten wir eine fast vollständige Entnahme unserer Rücklagen und mehrere Millionen Euro Schulden geplant. Dies ist glücklicherweise so nicht eingetreten: Die Einnahmen haben sich viel besser entwickelt als angenommen und manche Projekte ließen sich kostengünstiger realisieren als geplant. Das ist zunächst mal positiv. Die schlechte Nachricht in unserem Haushaltsplan 2018: der eben geschilderte Fall wird gemäß der aktuellen Planung in diesem Jahr eintreten – wenn alles nach Plan läuft.
Zwei große Themen der letzten Jahre und auch in diesem Jahr sind der Sanierungsstau und damit unmittelbar zusammenhängend der Brandschutz; ein ganz wesentlicher Kostentreiber. In der Haushaltsklausur vor 3,5 Jahren haben wir alle großen Sanierungs- und Beschaffungsprojekte unter die Lupe genommen und nach Wichtigkeit und Dringlichkeit priorisiert. Wir sind immer noch dabei, diese Liste abzuarbeiten, wobei wir jedes Jahr überprüfen, ob die damals beschlossene Reihenfolge noch Bestand hat oder Anpassungen notwendig sind. Wir kommen langsam voran und können so die städtischen Einrichtungen wieder zukunftsfähig aufstellen. Ein großes Betätigungsfeld für Sie und Ihre Verwaltung, Herr Dr. Wolf, und für uns als Gemeinderat. Gleichzeitig aber auch ein schweres Erbe, da dieser Sanierungsstau gleichzeitig auch ein Schuldenberg ist, dem wir hier gegenüberstehen. Die Mittel für die Instandsetzung sind leider in den letzten Jahrzehnten von unseren Vorgängern nicht zurückgelegt worden. Aber da müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen, denn auch wir bilden für die nachfolgende Generation keine Rücklagen, aus denen die irgendwann wieder fälligen Sanierungen bestritten werden können. Mit dem neuen Haushaltsrecht wird sich dies ändern müssen. Die Abschreibungen müssen dann ebenfalls erwirtschaftet werden. Das wird für uns sicherlich eine große Herausforderung, aber ich denke das ist auch eine Chance, die öffentlichen Haushalte zukunftsfähig aufzustellen.
„Alle Jahre wieder...“: Dies kann man auch über die vorschulische Kinderbetreuung sagen. Die Betriebskosten, das sind vor allem die Personalkosten, in diesem Bereich steigen von Jahr zu Jahr und belasten unseren Haushalt ganz erheblich. Im Rahmen des „Masterplans Kinderbetreuung“ berichtet uns Herr Henschke jährlich über die aktuelle Betreuungs-Situation in unserer Stadt und stellt uns die Prognosen für die Folgejahre vor. Die Situation ist eigentlich schon seit Jahren mehr oder weniger angespannt. Lediglich in Jahren nachdem wir neue Gruppen eröffnet haben, stellt sich kurzfristig eine Linderung ein und Herr Henschke ist bei der Vorstellung des Masterplans einigermaßen entspannt; sofern ihn nicht Personalsorgen plagen. Gerade das ist zuletzt ein immer größeres Problem.
Was die Schaffung neuer Betreuungsplätze angeht, haben wir in diesem Jahr nur die Erweiterung der KiTa auf dem Schulareal in Münchingen in der Planung; wobei der größte Teil der Ausgaben erst 2019 auflaufen wird. Aber die Dynamik bei den Kinderzahlen ist derzeit enorm, so dass wir auch in den beiden anderen Stadtteilen schon wieder auf der Suche sind, wo sich zusätzliche Gruppen unterbringen lassen. Dieses Thema wird uns in den nächsten Jahren also weiter intensiv beschäftigen.
Auch die Schulentwicklung trägt derzeit ganz wesentlich zu unserem Haushalt bei. Nach mehreren Jahren der Diskussion um den besten Weg für unsere Schulen haben wir letztes Jahr endlich eine Strategie festgelegt, die unsere Schulen hoffentlich auf viele Jahre hin zukunftsfähig aufstellt. Hier sind wir aber auch immer wieder den Entscheidungen der Landespolitik »ausgeliefert«. Die im letzten Jahr beschlossene Strategie setzen wir derzeit um; leider lässt sich auch das nicht ohne relativ hohe Ausgaben umsetzen. Aber diese Ausgaben halte ich für eine absolut sinnvolle und notwendige Investition in die nächsten Generationen.
Die bisher angesprochenen Punkte sind nur ein paar Schlaglichter aus der großen Sammlung an Themen, die uns beschäftigen. Trotz aller Unwägbarkeiten sind diese doch bekannt und einigermaßen planbar; gerade auch kostentechnisch. Wie bereits vorhergesagt, haben wir alle Projekte priorisiert. Das Pensum, das jedes Jahr noch für die Umsetzung verbleibt, ist trotzdem ein ordentlicher Batzen im Haushalt und stellt auch das Personal in unserer Verwaltung vor große Herausforderungen. Auch das ein Grund, warum die Ausgaben nicht immer so hoch wurden, wie zunächst geplant.
Mit den großen Migrationsströmen der letzten 2,5 Jahre hat sich für uns aber ein weiteres akutes Aufgabenfeld ergeben, das als solches und vor allem in der jetzigen Dimension noch vor drei Jahren überhaupt nicht absehbar war. Dieses hat unsere Priorisierungen und Planungen für die bis dahin bekannten Projekte völlig durchkreuzt.
Als Kommune sind wir für die Anschlussunterbringung der nach Deutschland gekommenen Menschen verantwortlich. Hier können wir nur reagieren und uns im Takt bewegen, den die politische Großwetterlage und der Landkreis uns vorgeben. Der ist es nämlich, der uns die Kontingente zuweist.
Dank der umsichtigen und so weit wie möglich vorausschauenden Planung unserer Verwaltung konnten wir eine Katastrophe bisher vermeiden. Denn genau so würde ich es bezeichnen, wenn wir die Menschen, die der Landkreis uns zuteilt, langfristig in Sporthallen oder anderen Notunterkünften unterbringen müssten. Bisher ist uns eine würdevolle Unterbringung gut gelungen.
Dieses Thema belastet uns als Kommune sowohl finanziell als auch personell sehr stark. Der Schuldenaufbau wird durch die Investitionen in Unterkünfte für die Anschlussunterbringung leider unumgänglich.
Bei diesem Thema zeigt sich ganz deutlich ein Missstand in unserem politischen System, über den ich auch letztes Jahr schon geredet habe. Der Bund glänzt mit ausgeglichenen Haushalten oder sogar Haushaltsüberschüssen und sieht das Thema »Flüchtlingskrise« ganz entspannt. Worüber man auf Bundesebene nicht so gerne redet, ist die Arbeit und damit die finanzielle Last, die nach unten an die Länder, Landkreise und Städte und Gemeinden delegiert wird. Ich wage zu behaupten, dass die kommunale Ebene die Hauptlast trägt. Eine entsprechende Finanzierung wird aber den Kommunen nicht mit an die Hand gegeben. Gerade bei den Investitionen in Wohnraum waren die Fördertöpfe viel zu klein und damit sehr schnell leer.
Natürlich sind wir dankbar über jede Entlastung, die wir als Kommune erhalten, aber im Vergleich zum Gesamtvolumen waren die Förderungen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was man derzeit anerkennen muss: zumindest unser personeller Mehraufwand wird aktuell vollständig über Fördermittel abgedeckt. Diese sind jedoch zeitlich befristet; was dann passiert, bleibt abzuwarten.
Bei der 2. Lesung hatte ich ja einen Antrag bezüglich einer Schuldenbremse eingebracht. Im Rahmen der Haushaltsklausur in diesem Jahr werden wir auch über dieses Thema diskutieren. Das halte ich für gut und richtig. Zusätzlich sollte man auf höherer Ebene genau so dringend über eine Aufgabenbremse diskutieren, die verhindert, dass den Kommunen von oben immer wieder Aufgaben übertragen werden ohne das gleichzeitig eine entsprechende Finanzierung mit einhergeht. Die kommunale Selbstverwaltung halte ich an vielen Stellen schon für ziemlich ausgehöhlt. Mehr Freiheit und Verantwortung für die Kommunen, echte Subsidiarität, wäre aus meiner Sicht das Gebot der Stunde.
Wie schon anfangs erwähnt haben wir dieses Jahr erneut einen Rekord-Haushalt, was das Gesamtvolumen angeht. Sollte die wirtschaftliche Lage weiterhin stabil bleiben, besteht die Hoffnung, dass auch das Haushaltsjahr 2018 sich deutlich positiver entwickelt als der aktuelle Plan vorsieht; wie schon in den Vorjahren.
Leider ist das Prinzip Hoffnung kein sehr tragfähiges, wenn es um verantwortungsvolle Haushaltspolitik geht. Es ist gut möglich, dass es in den nächsten Jahren wieder zu einer Wirtschaftskrise kommen wird. Damit würden empfindliche Einbußen auf der Einnahmeseite einhergehen. Die Frage ist: was ist dann? Bisher sehe ich uns für einen solchen Fall nicht gut aufgestellt.
Es ist für uns wichtig und essentiell, die Einnahmen in unserem Haushalt stetig zu erhöhen. Die Stichworte sind hier vor allem Neubaugebiete und Gewerbeansiedlungen. Wir haben viele dringende Projekte, die der Umsetzung bedürfen; und dafür muss die Einnahmeseite stimmen. Aber für den Fall einer wiederkehrenden Krise müssen wir unsere Haushaltsstruktur so aufstellen, dass wir auch mit reduzierten Einnahmen über die Runden kommen. In der freien Wirtschaft ist hier das Thema Fixkosten regelmäßig im Fokus, um auf diesem Wege die strukturellen Kosten zu senken.
Vor diesem Hintergrund bedauere ich es sehr, dass mein Antrag zur Reduzierung der Größe des Gemeinderates ab der Kommunalwahl 2019 keine Mehrheit gefunden hat. Immerhin hätten wir hiermit die Fixkosten der Verwaltung um mindestens 50.000 € in der nächsten Legislaturperiode senken können. Dies wäre ein klares Signal für unbedingten Sparwillen gewesen. Diese Chance wurde leider verpasst. Immerhin war sich das Gremium weitgehend einig, dieses Sparpotential zumindest in sechs Jahren bei der übernächsten Kommunalwahl zu heben.
Ludwig Erhard, unser früherer Wirtschaftsminister und Bundeskanzler, wird mit folgenden Worten zitiert: »Jede Ausgabe des Staates beruht auf einem Verzicht des Volkes.« Wir beschließen heute den Haushaltsplan 2018. Die Mittel für die darin geplanten Ausgaben haben zu großen Teilen nicht wir als Stadt selber erwirtschaftet, sondern die Menschen in unserer Stadt und darüber hinaus. Ein großer Teil ihres hart erarbeiteten Einkommens fließt als Steuern und andere Abgaben an den Staat. Wir sind zu einem verantwortungsvollen Umgang mit diesen Mitteln aufgerufen und sollten dies bei allen Forderungen nach weiteren Maßnahmen und Projekten nicht vergessen.
Herr Gerlach, an dieser Stelle rückblickend ein Dank an Sie. In einigen Diskussionen um geplante Ausgaben haben Sie uns auch immer wieder an diese Tatsache erinnert.
Ich habe mit einem Dank begonnen und möchte meine Rede mit einem Dank beenden:
Ich möchte mich bei Ihnen Herr Dr. Wolf, für Ihren unermüdlichen Einsatz für unsere Stadt Korntal-Münchingen bedanken. In den letzten Jahren haben Sie bereits viel Positives in Korntal-Münchingen bewegt.
Vielen Dank auch an Sie Herr Noak. Ich habe den Eindruck, Sie haben sich gut und schnell in die neue Umgebung eingefunden und man spürt, dass Sie mit vollem Einsatz dabei sind und auch viele neue Ideen mitbringen, die uns gut tun.
Insgesamt ein ganz herzliches Dankeschön an die Damen und Herren Fachbereichsleiter für Ihre sehr gute Arbeit. Nehmen Sie diesen Dank bitte auch an Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit.
Ein großes Dankeschön richte ich an dieser Stelle auch an alle Bürger dieser Stadt, die sich ehrenamtlich in und für Korntal-Münchingen engagieren: All die vielen Ehrenamtlichen in unserer Stadt sind ein Garant für eine lebens- und liebenswerte Stadt.
Dem Haushaltsplan 2018 und den weiteren Planwerken stimme ich zu.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Tilmann Oestreich